Doppelbotschaften

 

Vielleicht erinnern Sie sich noch an das Dilemma als Kind, in das man geraten ist, wenn man z.B. eine Ohrfeige bekommen hat und zugleich gesagt bekam: Vater hat dich lieb. Der Begriff Doppelbotschaften (double-binds) stammt aus der Erforschung schizophrener Erkrankungen. Ohne mich als Küchenpsychologe zu versuchen, kann ich doch aus meiner Vergangenheit in der DDR bestätigen: wenn die Kommunikation dauerhaft nicht mit der wahrgenommenen Realität übereinstimmt, dann führt das zu einem Vertrauensverlust.

 

Das kam mir in den Sinn, als ich letzte Woche zunächst lange auf dem leeren Tegeler- und zurück auf dem leeren Züricher Flughafen warten musste (zwei Stunden vor dem Abflug sollte man da sein), um dann in einer bis auf den letzten Platz gefüllten Maschine der Swiss-Air pünktlich zu fliegen.

Dazu die wiederholten Ansagen: Abstand halten und Maske tragen.

Aus dieser verkürzten Formel wurde in der Realität:  Abstand halten oder Maske tragen. „Und“, oder „Oder“, nur ein kleiner Unterschied?

Körperkontakt bei OP-Luft heißt die neue Wohlfühlformel!

(Über eine zweite Corona- Welle und ihre Folgen will ich hier nicht spekulieren.)

Mich interessiert eher, wie kann man die Luftfahrt vor einem weiteren (siehe Klimadiskussion) Vertrauensverlust bewahren.

 

Naiv könnte man zunächst fragen: Warum werden so viele Flüge gestrichen, nur um die wenigen dann zu 100% auszulasten? Ohne die Mittelsitze in der Dreier-Reihe zu belegen, würde sich die Verunsicherung mit Maske auf den Ein- und Aussteigevorgang beschränken und dieser ließe sich leicht entzerren.

Das gebräuchliche Geschäftsmodell verlangt offensichtlich solches Vorgehen.

Einmal anders gedacht - europäische Politik verordnet: in Pandemiezeiten werden alle „Mittelsitze“ aus den Maschinen montiert; das gilt für alle innereuropäischen Flüge und für alle, die nach Europa kommen und aus Europa abfliegen. Dann gäbe es weiterhin ein „Level-playing-field“ und die Preise würden für diese Zeit wohl um 1/3 steigen.

 

 

Ich finde, das wäre immer noch besser als ein Vertrauensverlust, der erfahrungsgemäß nicht so schnell zu beheben ist.

 

Von: Ulrich Stockmann, 12.07.2020